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Die sechs weiblichen Beziehungen im Leben eines Mannes

März 2011

Die Welt des Mannes ist in allererster Linie von Angst geprägt. Die geheime Verschwörung des Schweigens, die Angst vor der eigenen Natur und Aggressivität, die Angst vor dem weiblichen ist für jede Generation heranwachsender Männer aufs Neue eine Herausforderung, der sich der Mann stellen kann oder der er ausweicht, die Themen zu seinen dunklen Seiten macht, sie ins Unterbewußte drängt und vergeblich hofft, sie würden dadurch besiegt oder wenigstens verschwinden. Verletzungen in der äußeren Welt, Kriege, Gewalt und Erniedrigung zeigen allzu deutlich, daß die inneren Welten mit solchen Strategien nicht zu verarbeiten sind.

Mythen können in solcher »Verzweiflung« Einsicht und Verständnis wachsen lassen für die inneren und oft unbewußten Konflikte, die ein Mann mit seiner scheinbar dunklen Seite auszufechten hat.

Ein meisterhaftes Lehrstück ist in diesem Zusammenhang die Geschichte vom heiligen Gral und Parzival, der von seiner Mutter in ein Narrenkleid gesteckt wurde, auf einem jämmerlichen Klepper reitend in die Welt entlassen, damit ihn nur ja niemand ernst nehme und gegen ihn kämpfen würde. Charles Meyer und Peter A. Schröter haben die tiefenpsychologische Bedeutung dieser Geschichte in ihrem Buch »Die Kraft der männlichen Sexualität« untersucht.

Auch der Jungsche Psychologe Robert A. Johnson hat sich im Buch »He« (nur auf Englisch verfügbar) mit den Mythen um die Mannwerdung befaßt und dabei die gleiche Geschichte als Anker genommen.

Im Verlauf seiner Analyse kommt er zu dem Schluß, daß ein Mann auf seiner Reise 6 grundlegend verschiedene Beziehungen zur weiblichen Welt hat, die ich mit dem geschätzten Leser an dieser Stelle teilen möchte. Johnson legt dabei großen Wert darauf, daß diese Beziehungen nicht vermischt werden.

  1. Seine Mutter, die eigentliche Frau mit all ihren Eigenheiten, individuellen Eigenschaften und ihrer Einzigartigkeit
  2. Sein Mutterkomplex, der einzig in ihm selbst zu Hause ist. Das ist seine regressive Tendenz, in die Abhängigkeit von seiner Mutter zurückzukehren und wieder ein Kind zu sein. Hier liegt der Wunsch nach Versagen begründet, die unterirdische Faszination von Unfall oder Tod, die Forderung, wieder umsorgt zu werden, »pures Gift« in der Psychologie eines Mannes.
  3. Sein Mutterarchetyp. Wenn der Mutter-Komplex das reine Gift ist, so ist der Mutter-Archetyp reines Gold. Es ist die weibliche Hälfte von Gott, das Füllhorn des Universums, die Mutter Natur, die Gabe, das Geschenk, daß jedem ohne Ausnahme gewährt wird. Ohne diese Gabe könnten wir keine Minute überleben, die Gabe ist immer zuverlässig, nährend und erhaltend.
  4. Seine holde Maid. Dies ist die weibliche Komponente in der Psyche jeden Mannes. Sie ist der innere Begleiter und ein Inspirator in seinem Leben. Sie ist die schöne Jungfrau wie Blanche Fleur für Parzival, Dulcinea für Don Quijote, Beatrice für Dante in der Göttlichen Komödie. Sie ist es, die Sinn und Farbe in das Leben des Mannes bringt. Dr. Jung bezeichnete diese Qualität mit »Anima«, denn sie animiert und gibt Leben.
  5. Seine Ehefrau oder Partnerin, der menschliche Begleiter aus Fleisch und Blut auf der Reise durch sein Leben
  6. Sofia, die Göttin der Weisheit. Für einen Mann ist es ein Schock zu entdecken, daß die Weisheit weiblich ist, aber alle Mythologien haben es so porträtiert.

Alle sechs Beziehungen haben ihren Wert und erfüllen einen Zweck, selbst der Mutter-Komplex, der allerdings am schwierigsten ist und dem in Initiationsritualen deshalb eine besondere Bedeutung beigemessen wird. Johnson weist darauf hin, das mit der Verwischung dieser Beziehungen Probleme entstehen, z.B. wenn ein Mann seinen Mutter-Komplex auf die wirkliche Mutter projeziert und diese für die eigenen Tendenzen zur Selbstaufgabe und Rückzug verantwortlich macht, oder wenn der Mann sein Mutterbild mit dem Mutter Archetyp oder auch mit der Ehefrau vermischt, dabei entweder von der Mutter die Rolle einer Schutzgöttin erwartet oder von der Partnerin, daß sie Mutter für ihn sei.

Im Verlauf der Parzival Geschichte taucht noch eine weitere Frau auf, eine mir nur unbewußt Bekannte. Es ist das »scheußliche Mädchen«, und ich möchte den männlichen Leser ermutigen, auch dieser Frau seine Aufmerksamkeit zu schenken.

Das »scheußliche Mädchen« taucht dann im Leben eines Mannes auf, wenn dieser glaubt, alles erreicht zu haben - im Fall von Parzival, als dieser zum Helden wird, weil er dem Fischerkönig die entscheidende Frage stellt. Das scheußliche Mädchen macht das Versagen des Mannes auf seinem Weg offenbar und ihm wird seine Bedeutungslosigkeit bewußt. Dann kann sich der Mann in der »dunklen Nacht der Seele« die Frage nach dem wirklichen Sinn seines Lebens stellen. Das scheußliche Mädchen bietet dem Mann vor allem die Chance zu seiner Individuation.

Bis dahin ist er als Ritter seinen Weg gemeinsam mit anderen Rittern gegangen. Jetzt stellt er plötzlich fest, daß er sich auf einer einsamen Reise befindet, in der er seine eigenen und einzigartigen Schlachten zu schlagen hat. Es ist seine ganz spezielle und individuelle Suche. Auf seiner einsamen Reise gibt es plötzlich keine Vergleiche mehr. Die Dinge da draußen in der Welt sind einfach nur noch. Es gibt dort weder Glück noch Unglück. Es gibt nur noch einen Seinszustand - den man nach Bestehen der letzten Prüfung korrekt mit Ekstase beschreibt.

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