Der freie Fall
Dezember 2007
Hinaus aus dem Flugzeug, hinein in den freien Fall. Der Wind tost unglaublich laut, wenn Du mit einer Geschwindigkeit von ca. 200 km/h der Erde entgegenrast. Du glaubst, Dein Herz mindestens genauso laut schlagen zu hören wie den Gegenwind, der in den Ohren rauscht. So ist es, wenn Du in einer Höhe von ungefähr 3500 Metern aus dem Flugzeug springst. Der Traum vom freien Fall in der physischen Realität hat eine lange Geschichte. Bereits Leonardo da Vinci hat im 15. Jahrhundert eine Skizze eines pyramidenförmigen Schirmes angefertigt. Dieser hätte nach heutigen Erkenntnissen übrigens bis zu einer Sprunghöhe von 3000 Metern sogar funktioniert.
Der freie Fall dauert ca. 50 Sekunden bis eine Minute. Sobald Du - üblicherweise in einer Höhe von 1000 Metern - die Reißleine gezogen hast und der Fallschirm sich vollständig ausgebreitet hat, wird Dein freier Fall von 200km/h auf ungefähr 20km/h abgebremst. Das Tosen des Windes verschwindet, es ist Stille hoch oben, im blauen Himmel. Du hast nun Zeit, das herrliche Panorama zu betrachten. Alles unten am Boden ist winzig klein. Die Erde sieht aus wie eine Spielzeugwelt. Die Zeit zum Entspannen ist gekommen, alle beschwerenden Gedanken verlieren sich im Angesicht mit der grenzenlosen Freiheit.
Warum ich davon schreibe? Ich habe von einem Mann gehört, der ein ganz schwaches Sehvermögen hatte. Als er sich aber einmal im freien Fall befand, sah er sich, die Mitspringer und die Erde auf einmal ganz klar - gestochen scharf.
Ich finde das wunderbar. Im freien Fall praktizierst Du die totale Hingabe. Alles bekommt eine neue Sichtweise, und auf einmal siehst Du ganz klar. Ist es nicht grossartig, auf diese Weise gezeigt zu bekommen, dass es einen Weg gibt, die Welt besser wahrzunehmen?
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