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Trunken vor Glück - Schalte dich an

Über die Psychologie der Freude - Teil 2

August 2014 Zui Tien

Anfang des Jahres hatte ich das ganze pulsierende Leben in meiner Hand. Ja, es gibt diese Momente von tiefstem inneren Glück, und man braucht nichts und niemanden dazu, ausser sich selbst. Es ist, als stünde man mitten auf dem Rasen des Westfalenstadions und würde auf die Südtribüne schauen, ermutigt durch die Anfeuerungsrufe zigtausender Fans noch vor dem Spiel, und plötzlich ginge ein Schwall an Energie durch den Körper, eine Welle, und man würde emporgehoben, in atemberaubende Höhen, wo es keinen Halt und kein Halten mehr gibt, wo man steuerlos getragen wird statt selbst zu ertragen, wo man bewusstlos wird, trunken vor Glück.

Für diesen Moment lohnt es sich zu leben. Dieser Moment bringt mich näher zu mir selbst als jegliche Motivationstrainings oder andere Manipulationen.

Es war ein Moment der Stille. Er war plötzlich da infolge einer unerhörten Anstrengung und Verausgabung. Ich war in der dynamischen Meditation von Osho, mit mir allein, und ich habe mich in den Arm genommen und gewiegt. Zuvor liess ich die Welt explodieren. Ein schamanischer Trommler wäre bleich geworden. So war es.

Osho gilt manchen Menschen als suspekt. Vermutlich hat er jene mit ihren Ängsten konfrontiert und diese Ängste katalysiert, eigentlich die wichtigste Aufgabe eines Lehrers. Aber wer schaut schon gern unter seine Maske, die wohl eher Fessel genannt werden sollte? Wer lässt sich wirklich gern darauf ein, das Leben voll zu leben und die Momente tiefster Freude und höchsten Glücks einzuschliessen? Wer traut sich, sich in der dunklen Nacht der Seele direkt ohne Rüstung gegenüberzutreten? Wohl dem, der zuvor seine echte, seine innere Freude hat erfahren dürfen, und sei es nur ein einziges Mal.

Ich habe jedenfalls nie stärker gespürt, dass ich lebendig war, ich war nie näher dran bei mir selbst, als in jener dynamischen Meditation.

Die Dynamische Meditation - Hintergrund

Wir definieren uns über das Feedback unserer Umgebung und vergessen, dass dieses in der Regel von gesellschaftlichen und religiösen Vorurteilen durchtränkt ist, genährt von unmenschlichen Konzepten wie Kritik, Unwürde und Schuld. Sie behindern die eigene Energie, wenn ich ihnen Glauben schenken, und auf perfide Weise materialisiere ich damit eben jenes Weltbild in meinem Körper und in meinem Geist.

Wie kann ich stattdessen mein echtes Wesen erkennen? Wie kann ich die Energie finden, die mich wirklich trägt? Denn erst dann bin ich frei. Erst dann kann ich die Verwicklung mit meinem Umfeld, mit herunterziehenden Menschen und Gedanken, »ent«wicklen.

Der Begründer der dynamischen Meditation meinte, unsere verurteilenden Gedanken hätten nur deshalb soviel Macht, weil der Körper halb tot sei. Die Macht würde genährt von der Angst, die Kontrolle zu verlieren. Erst ein völlig lebendiger Körper habe genug Energie, diese Gedanken abzuschütteln (Osho The New Alchemy: To Turn You On).

Deshalb empfahl er, aktiv oder dynamisch zu meditieren. Du sollst authentisch werden statt dich zu unterdrücken. Denke einmal nach - wann hast du das letzte Mal authentisch geschrieen, gelacht oder geweint? Wann warst du das letzte Mal total involviert in dem, was du tatest, hast dich ganz ohne Vorbehalte hingegeben? Wie oft fährst du mit angezogener Handbremse? Mittelmäßigkeit, Langeweile, Zweifel und Unzufriedenheit sind die Folgen.

Dynamische Meditation ist eine Gelegenheit, sich von diesem Ballast zu befreien. Du musst jedoch bereit sein, wagemutig und ausdrucksvoll zu sein. Gehe an deine absolute Grenze. Erschöpfe dich total!

Anleitung

Die Dynamische Meditation besteht aus 5 Phasen, die klangmässig von Georg (Chaitanya Hari) Deuter: »Dynamic Meditation« begleitet wird. Sie wird am frühen Morgen direkt nach dem Aufstehen durchgeführt, barfuss und mit verbundenen Augen.

Erste Phase: 10 Minuten heftiges Ausatmen

Es ist ein schnelles, tiefes, chaotisches Atmen durch die Nase, wobei die Ausatmung betont wird. Mit chaotisch ist hier gemeint, keinem bestimmten System, keinem einheitlichen Rhythmus zu folgen, sondern einfach wild, unkontrolliert zu atmen, anders gesagt, die Luft durch die Nase hinauszustoßen. Atme ein, atme aus, und zwar so schnell, dass du zu einem Blasebalg wirst, der ein gigantisches Feuer entfachen will. Auf diese Weise kannst du unterdrückte Gefühle in dein Bewusstsein holen und dich von ihnen befreien. Die Atmung hat dir geholfen, sie zu unterdrücken, und nur durch Atmen kannst du sie wieder freilassen.

Vielleicht bist du dir nicht bewusst, dass deine Atmung umso flacher und oberflächlicher ist, je mehr du emotional unterdrückt bist. Eine unterdrückte Person kann keine tiefen bis unter den Nabel reichenden Atemzüge nehmen, sie atmet flach. Tiefe Atmung führt zu den Wurzeln des Selbst einer Person, zu ihrem Kern, zur Quelle ihrer natürlichen Energie und Kraft.

Tiefes Atmen berührt dein Energiezentrum im Unterleib, tiefes Atmen massiert es von innen, setzt sexuelle Energie frei. Wie schon erwähnt ist dies nur möglich, wenn die Atmung tief (total) ist und unterdrückte Gefühle hinausgeworfen und durch Verstandeskontrolle dabei nicht behindert werden. Atme also in dieser Phase wie erläutert und deine Lebensenergie (Kundalini) wird aktiviert.

Die beschriebene Atemweise bringt dich nicht nur mit deiner natürlichen Energiequelle in Kontakt, steigert nicht nur deine sexuelle Energie, sondern stimuliert auch deine Körperenergie insgesamt und macht den Körper lebendig. Diese aufsteigende Körperenergie kannst du als Sprungbrett nutzen und dich noch totaler auf diese und die noch folgenden Phasen einlassen. Unterstütze dein Ausatmen mit Körperbewegungen, indem deine Arme z.B. einen Blasebalg nachbilden.

Zweite Phase: 10 Minuten Katharsis

Katharsis bedeutet Reinigung und Befreiung durch emotionale Abreaktion. In dieser Stufe wirfst du all deine Verrücktheiten hinaus. Sei nicht schüchtern und lasse dich durch die Anwesenheit anderer nicht ängstigen oder ablenken. Sie gehen während der übung ihren Weg, du gehst deinen. Jeder ist mit sich selbst beschäftigt. Kümmere dich ausschließlich nur um dich selbst. Denke daran, du hast viele Verrücktheiten in dir und du weißt das auch schon. Das ist der Grund, weshalb du so unsicher und vorsichtig bist. Wenn du schreien möchtest, schreie. Wenn du springen und tanzen möchtest, springe und tanze. Wenn du weinen oder lachen möchtest, weine oder lache. Möchtest du nur einfach wie ein Kind sein, sei es! Tue alles auf eine spielerische Weise und tue es nicht in verspannter Ernsthaftigkeit. Sei locker! Wenn du zu ernsthaft an diese Phase herangehst, kontrollierst du dich und es geschieht nichts für dich. Genieße deine Verrücktheiten, erfreue dich an ihnen, sei nett zu ihnen, helfe ihnen ans Tageslicht zu kommen, kooperiere mit ihnen aber verurteile sie nicht. Wenn die Last von Verrücktheiten von dir abfällt, fühlst du dich wie neugeboren: frei, leicht und frisch.

Dritte Phase: 10 Minuten Springen

Hier benutzen wir den Laut »hoo«. Zehn Minuten lang musst du laut und heftig dieses »hoo, hoo, hoo« hinausschreien, und zwar so total, als stünde dein Leben auf dem Spiel. Was wird dieses »hoo, hoo, hoo« bewirken? Wenn du »hoo« schreist, atmest du total aus. Je lauter du schreist, umso besser. Durch dieses ununterbrochene totale Ausatmen kreierst du einen inneren Raum in dir (nahe dem Sexzentrum), durch den sich die Lebensenergie nach oben in Richtung Kopf bewegen kann. Dort angekommen hebt sie deine Bewusstheit. Wenn du mit »hoo« laut und kräftig ausatmest, erfährt dein Sexzentrum durch seine Kontraktion außerdem auch noch eine Massage. Während des »hoo, hoo, hoo« springst du ohne Pause mit ausgestreckten Armen hoch und landest jeweils auf der ganzen Fußfläche.

Die ersten drei Stufen sind mit totalem Energieeinsatz zu absolvieren, es soll also keine Energie zurückgehalten werden, denn der Verstand produziert sonst weitere Gedanken. Die Energie soll fließen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche vierte Phase.

Vierte Phase: Stop (15 Minuten)

Die vierte Phase beginnt mit dem Ruf »STOP«. In diesem Augenblick gibt es kein »hoo, hoo, hoo« und kein Springen mehr. Der Körper wechselt von extremer Aktivität, Bewegung in den Zustand der Bewegungslosigkeit, in ein Einfrieren, von Lärm in Stille. Entscheidend ist, dass genau in der Sekunde, in der das »STOP« erschallt, die in dieser Sekunde vorherrschende Körperposition beibehalten wird. Erfahrungsgemäß ist die Versuchung groß, den Körper nach dem »STOP« erst einmal in eine angenehme Position zu bringen. Aber dann verpasst du die Wohltaten, den Sinn und Zweck der gesamten Meditation. Dieses plötzliche »STOP« wirft dich in dein Zentrum. Nun bist du der Beobachter, nicht identifiziert, ein leeres, kristallklares Bewusstsein. Dein Bewusstsein ist in diesem Moment wie die unbewegte, klare Wasseroberfläche eines Sees und du kannst viele Zusammenhänge, die dich selbst oder andere betreffen, wahrnehmen und verstehen.

Fünfte Phase: 15 Minuten Tanzen

Feiern, Genießen

Leichtigkeit des Seins

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